Die Römer-, Dom- und Siegfried-Stadt Xanten Ziel des Ausflugs des Vereins für Heimatpflege Schifferstadt

 

Theo Magin, der erste Vorsitzende des Vereins für Heimatpflege, kündigte zum 75jährigen Jubiläum des Heimatmuseums an, sich im Jubiläumsjahr stärker mit der Römerzeit zu beschäftigen. Deshalb wurde auch als Ziel des diesjährigen Ausflugs Xanten und in der Nähe eine der bedeutendsten römischen Siedlung am Niederrhein ausgewählt. Bereits um 100 n. Chr. gründeten die Römer die „Colonia Ulpia Traiana“ (CUP) als Zivilsiedlung mit hoher römischer Baukunst.

   
 

Bilder Posch

Zur Fundgrube wurde diese römische Stadt, weil sie nach dem Niedergang des Römischen Reiches kaum zerstört wurde. Unter der sachkundigen und unterhaltsamen Führung von J. P. (Jan Pierre) und einer weiteren Führerin wurden in zwei Gruppen zunächst am ersten Tag die rekonstruierten großen römischen Thermen, ca. 125 n. Chr. erbaut, besucht. Unter einer Schutzbedachung sind die Ruinen des römischen Bades, teilweise wieder aufgebaut. Der tägliche Gang ins Bad gehörte den Bewohnern der CUT zur Regel. Nur wenige Reiche konnten sich ein Privatbad leisten. Für den Ablauf des Bades galten strenge Regeln, so zum Beispiel auch körperliche Ertüchtigungen durch Ballspiele gehörten dazu. Die Badeanlage wies vier Raumelemente auf: der Umkleideraum (Apodyterium), der Kaltbaderaum (Frigidarium), zwei Übergangsräume (Tempidarium) und der Heißbaderaum (Caldarium). Abdrücke von Marmorfußböden deuten an, dass die Becken mit Marmorplatten ausgelegt waren und Mosaikreste wiesen auf ehemals kunstvoll gestaltete Räume hin. Die Thermen boten reichlichen Badespaß beim Schwätzchen mit Freunden und Nachbarn und auch „Wellness“, denn in den Nebenräumen waren Masseure, Übergießer und Epilierer tätig. Meisterhaft ist die römische Technik der Frischwasser-Zuleitung, der Warmwasserbereitung und die Ausnutzung der Wärmeenergie zur Warmwasserbereitung und der Abwasser Ableitung.
Mehr über die militärische und zivile römische Kultur konnten die interessierten Teilnehmer im Regionalmuseum erfahren. Fundstücke von Ausgrabungen in der CUT und aus Gräbern dokumentieren die hohe Kunst der Metallbearbeitung und der Skulpturenherstellung. Der 1854 ausgegrabene, weitgehend erhaltene „Luttinger Knabe“ aus Bronze wirkt ganz lebensecht. Großen Spaß hatten die Besucher bei einer römischen Modenschau, bei der sie selbst römische Kleidung wie Tunica als ziviler Bürger und Toga als Senator anlegen konnten. Auch die genagelten Caligae (Schuhe der römischen Soldaten) wurden bestaunt. Das Duden-Hotel zur Übernachtung hatte einen historischen Bezug: dort wurde auf dem ehemaligen Gut Bossigt am 03.01.1829 Konrad Duden, der Vater der einheitlichen Rechtschreibung, geboren.
Die Besichtigung der Römer-, Dom- und Siegfried-Stadt Xanten am nächsten Tag machten die Teilnehmer mit der wechselvollen Geschichte Xantens bekannt. Castra Vetera (13./12. v. Chr.) war ein römisches Heerlager mit bis zu 10.000 Legionären, als Ausgangspunkt für die Feldzüge ins rechtsrheinische Germanien angelegt. Später entwickelte es sich durch frühere Legionäre und deren Angehörige zum wichtigen Handelsposten. 110 n. Chr. erhob Kaiser Marcus Ulpius Traianus das Lager zur CUT. Nach mehrfacher Zerstörung durch germanische Stämme wurde die Siedlung aufgegeben. Im 5. Jahrhundert n. Chr. begannen chattuarische Franken zu siedeln. Im 8. Jahrhundert wurde ein Stift zu Ehren des heiligen Victor angelegt. Das Stift und die dort errichtete Kirche wurden mehrfach zerstört Der Name Xanten verweist auf den ersten Märtyrer „ad santos“. 1228 erhielt Xanten vom Erzbischof Heinrich von Molenark die Stadtrechte. Größter Anziehungspunkt in der nach dem 2. Weltkrieg wieder aufgebauten Stadt ist der spätromanische, heute evangelische Dom St. Viktor, über zwei Märtyrergräbern errichtet wurde. Die beiden staufischen Türme, 1180 und 1213 erbaut, gehören zum Vorgängerbau der ab 1263 durch einen gotischen Neubau ersetzt wurde. Hervorragende Schnitzkunst zeigen der Hochaltar und der Marienaltar von Heinrich Douvermann. Der hl. Victor, Schutzpatron der Kirche und die Hl. Helena sind in vielfältiger Weise zum Beispiel in der Predella dargestellt. Das größte Heiligtum stellt der kostbare, aus dem 12. Jahrhundert stammende Schrein dar, in dem die Gebeine des Hl. Victors aufbewahrt sein sollen. Der aus Neustadt in der Pfalz stammende, berühmte Künstler Prof. Gernot Rumpf hat den in Bronze gegossenen Zelebrationsaltar, die Zelebrationssitze, einen Ambo und vier Leuchter mit Evangelisten gestaltet. Um den Dom befindet sich die „Immunität“, ein Gebiet, das dem Stift St. Viktor gehörte und das bevorzugte Wohngebiet der reichen Kanoniker war. An der Nordwestecke befindet sich die Bannita, die Gerichtsstätte und auf einem erhöhten Standort die Statue des Hl. Victors. Beim weiteren Rundgang konnten die Besucher noch das „Arme-Mägde-Haus“ mit Kreuzstockfenstern und einem hübschen Treppengiebel, die noch im Betrieb befindliche Kriemhildmühle und das Gotische Haus bewundern.
Eine besondere Attraktion bietet der Archäologische Park, der umgeben von einer teilweise rekonstruierten Mauer, den Eindruck der großen römischen Stadt CUT wiedergibt. Nach Passieren des Hafentors imponiert der stückweise restaurierte Hafentempel mit Blattkränzen verzierten korinthischen Säulen. Beim weiteren Rundgang fand das vollständig erneuerte Amphitheater große Beachtung, in dem früher Tierhetzen und Gladiatorenkämpfe stattfanden. Heute werden im Sommer in der Arena Opern und Konzerte aufgeführt. Einen näheren Einblick in das Wohnen und Leben der Römer bieten die rekonstruierten Wohn- und Gewerbebauten. Nach der anstrengenden Besichtigung konnten die durstigen Teilnehmer sich in der römischen Taberna an einem Mulsum (römischer Wein mit Honig) laben.
Der nächste Tag bescherte mit der Besichtigung von Kalkar, einer Stadt, die den Teilnehmern bisher nur durch den schnellen Brüter bekannt war, weitere schöne Sehenswürdigkeiten. Vom großen Marktplatz mit der Gerichtslinde, dem spätgotischen Rathaus in Backsteinarchitektur und den mittelalterlichen Treppengiebelhäusern ging der Rundgang zu der zum 1350 erbauten „de Gildekammer“, die auch im Innern betrachtet werden konnte. Sehenswert ist die „Opkamer“ mit einer gotisch bemalten Holzdecke. Das architektonische Kleinod beherbergt heute ein Restaurant.
Die gotische Hallenkirche St. Nicolai zeigte beim Rundgang eine Vielzahl von kunstvoll geschnitzten Nebenaltären und einen Höhepunkt, den Hochaltar mit 212 geschnitzten Figuren und Farbenprächtigen Flügelgemälden. Die Besichtigungstour beendeten einige Teilnehmer mit einer gemütlichen Ruhepause in der Gaststätte unterhalb der Lohwindmühle am Haselaer Tor.
Am Nachmittag konnten die Teilnehmer noch die einzigartige Wasserburg Anholt besichtigen, die sich heute im Besitz der Fürsten  von Salm Salm befindet. Bei einer Führung wurden besonders die kostbar ausgestatteten Zimmerfluchten bis zum Paradesaal aus dem 18. Jahrhundert bewundert. Die Gemäldegalerie mit flämischen, holländischen, spanischen, italienischen und deutschen Malern aus dem frühen 16. Jahrhundert ist eine besondere Kostbarkeit, insbesondere das Gemälde von Rembrandt. Die einzigartige Anlage des barocken Parks, die von den Elementen Wasser und dem Typ „englische Gartengestaltung“ geprägt sind, konnten die Teilnehmer bei einem Spaziergang erkunden.
Auch bei der Rückfahrt am nächsten Tag waren noch zwei Haltepunkte mit Attraktionen eingeplant. Zunächst ging es nach Brühl zum Schloss Augustusburg. Diese Rokoko-Schloss-Anlage im Auftrag des Kurfürsten und Erzbischofs von Köln und Hochmeister des deutschen Ritterordens Clemens August von Wittelsbach erbaut, diente in den Jahren des Sitzes der Regierung in Bonn für Staatsempfänge. Berühmte Baumeister und Architekten wie Balthasar Neumann schufen ein Gesamtkunstwerk von Architektur, Malerei und Gartenkunst, das 1984 die Anerkennung als Weltkulturerbe der UNESCO fand. Den stärksten Eindruck hinterließ das von Neumann gestalte Treppenhaus.
Als letzte Sehenswürdigkeit wurde zuletzt die gotische Katharinenkirche in Oppenheim besucht. Selbst wenn auch die Innenausstattung der Kirche, die der hl. Katharina von Alexandrien (307 als Märtyrin gestorben) gewidmet ist, kahl erscheint, so ist doch die Farbenpracht und Gestaltung der Kirchenfenster überwältigend. Erfreulicherweise haben einige alte Fenster die häufigen Zerstörungen überstanden und so sind die ältesten Fenster mit Stifterdarstellungen aus dem 13. Jahrhundert erhalten. Die berühmte Rose stammt von dem Wappen der Oppenheimer Ratsherren von 1332/1333 ab. Aber auch die jüngsten Fenster mit einem theologischen Programm als Christus-, Heiliggeist- und Schöpfungsfenster geschaffen und die Weinbergfenster sind von einzigartiger Schönheit.
Den Organisatoren der Fahrt, die Herrn Hans Ebener und Hans Gerstner sprachen Der Vorsitzende Theo Magin und die Teilnehmer großen Dank für die Organisation der gelungenen Besichtigungstour aus.

 

Bericht von Dr. Posch, 24.Aug.2006