Besuch in der neuen Speyerer Synagoge

 
Heimatpflege bietet weitere Veranstaltung im Zyklus „Zug der Erinnerung“
 

Ein Synagogenbesuch? Wo? Moscheen sind heute in aller Munde – aber eine Synagoge? Das Wort aus dem Griechischen kennt der Geschichtsinteressierte überwiegend im Zusammenhang mit der Reichspogromnacht, als viele Synagogen in Deutschland, auch in Speyer, auch in unserer Gemeinde, zerstört wurden. Seit etwa einem Jahr steht nun wieder eine moderne Synagoge in unserer Nachbarschaft, in Speyer, das zu den drei berühmten „SCHUM-Städten“ im Mittelalter zählte. 3,5 Mill. Euro hatte das jüdische Bethaus bis zu seiner Vollendung gekostet.

 

22 Interessierte aus Schifferstadt fanden sich am Weidenberg in Speyer im Foyer der Synagoge ein, um den jüdischen Kultbau in Augenschein zu nehmen und um etwas über den Got­tesdienst und das religiöse Leben jüdischer Mitbürger zu erfahren. Schon im Vorraum wurden die Männer durch die aus Osteuropa stammende Führerin angehalten, ihr Haupt mit den aus Abbildungen bekannten kleinen schwarzen Käppchen (Kipa) zu bedecken. Wer eine Mütze trug, brauchte das nicht. Die Frauen waren hiervon ganz befreit.
 

 

Durch eine hohe torähnliche Öffnung betraten wir dann den religiösen Versammlungsraum.  Sogleich fiel der Blick auf eine hohe tafelartige Schrankwand, die in der Mitte geteilt war und in sechs horizontal geteilten Fel­dern sechs Wörter in hebräischer Sprache zeigte: Wahrheit entsprießt dem Boden und Gerechtigkeit blickt vom Himmel. Über diesen sechs Wörtern leuchtete wie das Auge Gottes ein rotes rundes Licht, elektrisch beleuch­tet, ein so genanntes „ewiges Licht“.  Bei dem schrankartigen Gebilde handelt es sich, wie wir sogleich erfuh­ren, um den Thora-Schrein, der die drei Thorarollen enthält. Jede Rolle war mit einer blauen Stoffhülle, gleich einem Mäntelchen, umgeben, das Gold durchwirkte Verzierungen aufwies. Die Thorarollen stellen Gebetsrollen dar, die dann im jüdischen Gottesdienst aus dem Schrein genommen und aufgerollt werden,  aus denen der Vorbeter der Gemeinde das Wort Gottes vorliest. Jede Thorarolle ist in 250 Abschnitte unterteilt, ist aus „ko­scherem“ Pergament hergestellt und mit einer Art Tinte beschriftet, die sich aus verschiedenartigen pflanzli­chen Substanzen zusammensetzt. Etwas erstaunt hörte die Gruppe, die Thora sei ein Gebetbuch für alle Völker, nicht nur für die Juden.

 

Der Fläche des Betraumes ist ovalrund gehalten, die hohe Wand weiß getüncht. Oben links und rechts des Schreins  leuchtet klein gehalten und durch elektrische Birnchen dargestellt an der Wand die Menora, der sie­benarmige Leuchter, das Symbol für das Judentum. In der Decke ausgespart sieht man eine Lichtkuppel,  in der man den grau-blauen Davidsstern einge-lassen hat. Gleich einem Schilde schwebt er am Deckenhimmel und soll die versammelten Gläubigen und den Betraum beschützen. Von der Decke abgelassen hängen zwei große aus zwei übereinander angeord-neten Ringen bestehende Leuchter, die den ganzen Raum hell erstrahlen.

 
 

Im Zentrum des Raumes steht ein großer kubischer Block als nachempfundener Opferaltar. Der gesamte Innenraum ist mit schwarz gehaltenen Bänken ausgefüllt, deren Sitzflächen mit dickem rotem Polster belegt sind, was einem ungewohnten, jedoch aber modernen Zeitgeschmack und Farbkontrast entspricht. Darüber hinaus sind die Bänke an den Seiten tribünenartig aufgebaut, so dass jederzeit das Gesche­hen am Altar mit verfolgt werden kann.

 

 

Nach einer Zwischenfrage erklärt unsere Führerin, Männer und Frauen mit Kindern würden getrennt im Betraum Platz nehmen, dabei sitzen die Männer in den quer gestellten Bänken vor dem Thoraschrein, die Frauen und Kinder belegen die seitlichen Tribünen. Weiterhin erfährt die Gruppe, dass der jüdische Kalender, ein so genannter Mondkalender, heuer das Jahr 5773 schreibt, dass es seit der Zerstörung des Tempels zu Jerusalem im Jahre 70 nach der christlichen Zeitrechnung durch die Römer keinen neuen Tempel gegeben hat und dass bis heute eine qualitative Abstufung zwischen Tempel und Synagoge besteht.

 

Seit dieser Zerstörung des Tem­pels gibt es auch keine Hohenpriester mehr. Der jüdische Glaube wird durch die Gebote Gottes sowie die Rab­biner und Vorbeter dem gläubigen Juden vermittelt.

Erstaunen dürfte zum Abschluss des einstündigen Vortrags die Bemerkung der jüdischen Frau ausgelöst haben, dass an den Betstunden in der Synagoge auch Andersgläubige teilnehmen dürfen.

Ein herzliches Dankeschön richtete 1. Vorsitzender Werner Krämer an die Führerin, indem er betonte, ein Jeder in der Gruppe habe sicher verspürt, dass mit ihren Ausführungen Glaube und jüdisches Leben vermittelt worden sind. 

Hans Gerstner, Verein für Heimatpflege Schifferstadt, Tel. 2516,