Kalendarisches und astronomisches Wissen der Vorfahren

 
Vortrag zum Sonnenuntergang zur Tag- und Nachtgleiche am Queckbrunnen
 

Geradezu ideal war das Wetter zum astronomischen Frühlingsanfang für eine vom Schifferstadt- er Verein für Heimatpflege veranstaltete Kurzexkursion am frühen Donnerstagabend: gegen 17.30 Uhr hatten sich rund 30 Interessierte und Mitglieder des Vereins am Queckbrunnen getroffen, um den Sonnenuntergang zur Frühlings- Tag- und Nachtgleiche an einem historisch wichtigen Horizontpunkt zu beobachten.

Die Stunde vor dem eigentlichen Ereignis nutzte Dr. Oskar Schmidt vom Verein für Heimat- pflege Schifferstadt für eine Einführung der Besucher in das Thema mit historischen Erläuterungen.

„Der Queckbrunnen ist für ganz Europa ein wichtiger Ort, vergleichbar mit den Pyramiden in Ägypten; die ganze Menschengeschichte ist mit dieser Quelle verbunden“, berichtete Schmidt, allerdings hätte dieser frühe historisch bedeutungsvolle Siedlungsmittelpunkt für viele Ortsansässigen etwas Alltägliches.

Geologisch und archäologisch liegt der Queckbrunnen in einem höchst interessanten Gebiet, ganz in der Nähe der bronzezeitlichen nach Sommer- und Wintersonnenwende ausgerichteten Urnen- und Hügelgräberfelder und der Fundstelle des Goldenen Hutes.

„Die Frühlings- Tag und Nachtgleiche ist ein astronomisch und historisch interessantes Datum, an dem man einen großen Bogen von vergangenen Epochen bis in die Gegenwart schlagen kann“, erläutere der Referent.

Schon in der Steinzeit, 6000 bis 5000 Jahren v. Chr., gab es am Queckbrunnen Siedler, dies sehr genau den Lauf der Sonne beobachteten und mit ihrer Hilfe erste Kalender erstellten. Dass die Menschen in der Bronzezeit über großes astronomisches Wissen verfügten, belegten unter anderem eine systematische Abfolge von Ornamenten auf dem 1835 gefundenen Goldenen Hut von Schifferstadt . Neben einer möglichen religiösen und repräsentativ-kultischen Funktion wird dem Goldblechkegel eine weitreichende Kalendereigenschaft zugeschrieben. „Lange bevor es schriftliche Aufzeichnungen gab, wurden Mittelungen in Form von Zahlen weitergegeben; der Goldene Hut ist eines der ältesten Dokumente mit solchen Informationen“, erklärte Schmidt.

Nach der Bronzezeit kam die Keltenzeit, auch für sie war der Sonnenverlauf von großer Bedeutung, so feierten sie mit dem Fest „Beltane“ beispielsweise den Frühlingsanfang. Die nachfolgenden Römer hatten schon sehr komplizierte Kalender, aber auch ihnen gelang es damit nicht auf Dauer Datum und Sonne in Einklang zu halten. Erst unter Julius Cäsar gab es einen neuen Kalender mit Schaltjahren und  -Tagen, der dann vom genaueren gregorianischen Kalender (genannt nach Papst Gregor XIII.) Ende des 16. Jahrhunderts abgelöst wurde. Das Osterfest wird aber beispielweise immer noch nach dem julianischen Kalender festgelegt. Nach der Tag- und Nachtgleiche und dem darauf folgenden Vollmond wird der Ostersonntag gefeiert.

Das Frühlingsäquinoktium hatte für die früheren Völker auch einen wichtigen religiösen Hintergrund. Aus Dankbarkeit, den Winter überstanden zu haben, wurden den jeweiligen Göttern an diesem Tag Opfer dargebracht.

Bronzezeitliches Denken findet sich auch in der Bibel in Psalm 104, einem Gottes Lob aus der Schöpfung, in dem es unter anderem heißt: „Du hast den Mond gemacht, das Jahr danach zu teilen, die Sonne weiß ihren Niedergang“.

Den Untergang der Sonne konnten die Exkursionsteilnehmer am vergangenen Donnerstag schließlich über der Hardt hinter dem sogenannten Mittelberg beobachten, eigentlich einer ebenen Fläche zwischen anderen Bergspitzen. „ An diesem Tag überquert die Sonne den Äquator und befindet sich damit am Frühlingsanfang; da er zu seiner erstmaligen Bestimmung im Sternbild Widder lag, wird er auch Widderpunkt genannt“, vervollständigte Dr. Oskar Schmidt seine komplexen und sehr interessanten Ausführungen.

Einen weiteren Vortrag zu den eng mit einander verbundenen Themen Goldener Hut und Queckbrunnen wird  Dr. Oskar Schmidt am 01. Oktober halten.

 

Schifferstadter Tagblatt, am 22.März.2014