Groß- und Klein-Schifferstadt, das Hochstift Speyer, die Kurpfalz und das Jahr 1709
 
Referat von Prof. Dr. Hans Ammerich
 

Um an die Vereinigung von Groß-Schifferstadt und dem „Dörfel“ durch den vor 300 Jahren zwischen der Kurpfalz und dem Hochstift Speyer  geschlossenen Vertrag zu erinnern, hatte der Verein für Heimatpflege zu einer zweiteiligen Vortragsreihe eingeladen. Aus der Sicht der Protestanten in Schifferstadt hatte Oberkirchenrat i. R. Dr. Klaus Bümlein bereits am 15. Oktober referiert (wir berichteten). Grundlinien des Hochstifts Speyer zeigte nunmehr Prof. Dr. Hans Ammerich, Leiter des Bistumsarchivs Speyer und Lehrstuhlbeauftragter für Katholische Theologie an den Universitäten Koblenz und Landau,  in seinem Vortrag am Donnerstagabend auf und brachte sie mit der Entwicklung Schifferstadts in Verbindung. Prof. Dr. Ammerich erläuterte eingangs die Ausdehnung des alten Bistums Speyer und des fürstbischöflichen Territoriums (Hochstift) am Ende des 18. Jahrhunderts, alte und neue Grenzen der katholischen Diözesen in Südwestdeutschland sowie die Situation der katholischen Kirche in der Pfalz in der Zeit des Übergangs von der französischen Revolution zur bayerischen Herrschaft und ging auch auf die „Ausnahmesituation“ der beiden getrennten, dörflichen Siedlungen Groß- und Klein-Schifferstadt mit unterschiedlicher Landeshoheit ein.

 

Auch klärte er die über 50 Zuhörer darüber auf, dass sich der Übergang vom Mittelalter zur frühen Neuzeit um 1500 weniger durch ein großes, einschneidendes Ereignis, als durch allmählichen Wandel vollzogen hatte. Als Beweis führte er Besitzrechte geistlicher Einrichtungen an einem Großteil von Grund und Boden, die Abgabenverpflichtungen und Rechtsverhältnisse der Bewohner sowie die – durch Weistümer schriftlich festgelegten Rechtsgewohnheiten im Ort an, die weitgehend bis zu den großen Veränderungen um 1800 fortbestanden.

Seit dem frühen Mittelalter hatte der Bischof von Speyer Rechte und Besitzungen in Groß-Schifferstadt, die er zur Ortsherrschaft ausbaute, während der Abt des Klosters Limburg unter speyerischer Oberhoheit über Gerichts- und Grundrechte verfügte, die in Verträgen zwischen den Speyerer Bischöfen Reinhard von Helmstadt (1438-1456) und Matthias Rammung (1464-1478) und den Limburger Äbten aus 1453 und vom 13. Juli 1465 festgelegt und gegenseitig abgegrenzt wurden. Ausführlich ging Prof. Dr. Ammerich auch auf die Folgen der Aufhebung des Klosters Limburg in 1574 für Klein-Schifferstadt ein, das bis 1709 der Kurpfalz unterstand, und dessen wechselvolle Geschichte bezüglich der Konfessionen, und erläuterte im

Weiteren die Entwicklung Groß- und Klein-Schifferstadts anhand der in Volkszählungen ermittelten Einwohnerzahlen von 1479 bis zum Ende des 18. Jahrhunderts.

Weiterer Schwerpunkt des Referats war der Vertrag von 1709, der „zur Fortpflanzung guter Nachbarschaft“ die Abtretung der politischen Rechte der Kurpfalz an Klein-Schifferstadt an das Hochstift Speyer beinhaltete. „Man hat Toleranz walten lassen“, betonte Prof. Dr. Ammerich im Hinblick auf den Vertrag, der die Zusammenführung der beiden Dörfer einleitete, und ergänzte, dass solches Vorgehen im 18. Jahrhundert durchaus nicht üblich war, zumal in der Zeit um 1709 ein „kalter Krieg“ bezüglich der Konfessionalisierung herrschte.             

 

Monika Schleicher, Schifferstadter Tagblatt