Verein für Heimatpflege Schifferstadt

 

Museumsgespräch am 22. Februar 2007  19.30 Uhr in der Adlerstube

 

"Vor 200 Jahren - Schifferstadt unter französischer Herrschaft"

 
Der Sturm tausender bewaffneter Pariser Bürger auf das Stadtgefängnis "Bastille" am 14.Juli 1789 gilt als Beginn der "Französischen Revolution".
Dieses Datum markiert eine wichtige Zäsur in der europäischen Geschichte, denn erstmals in der neueren Zeit wurde in Europa eine Monarchie durch eine Republik ersetzt und gleichzeitig das Modell der modernen Staats- und Gesellschaftsordnung aus der Taufe gehoben.
 
Die revolutionären Vorgänge erschütterten nicht nur Frankreich, sondern schwappten auch bald auf andere Länder über. Gerade in der benachbarten Pfalz ließ sich der wachsende Einfluss der revolutionären Ideen auf Politik, Sitten, Gebräuche und Denkungsart der Menschen nicht mehr unterdrücken.
 

In der folgenden Zeit kam es dann in der Pfalz zu kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen französischen, preußischen und österreichischen Truppen und häufig wechselnden Besetzungen unter denen auch die Gemeinde Schifferstadt zu leiden hatte.

 

Im Friedensvertrag von Campo Formio am 17.0ktober 1797 und endgültig durch den Frieden von Luneville am 9. Februar 1801 wurde das linke Rheinufer und damit auch die Gemeinde Schifferstadt französisches Staatsgebiet.

 

Was in diesen Jahren des Umbruchs von 1789 bis 1816 in Schifferstadt geschah, ist Thema eines Museumsgesprächs am Donnerstag, dem 22. Februar 2007, 19.30 Uhr in der ""Adlerstube" des Heimatmuseums.

 

15.02.07  T. Magin

.

Bericht aus dem Schifferstadter Tagblatt, -mat  24.02.07
 

Schifferstadt zur Zeit der Französischen Revolution

Museumsgespräch des Vereins für Heimatpflege in Adlerstube

Einen sehr interessanten Einblick in die Schifferstadter Geschichte zur Zeit der Französischen Revolution bot am Donnerstag abend das Museumsgespräch des Vereins für Heimatpflege in der vollbesetzten Adlerstube. Hauptreferent war Theo Magin, Ehrenbürger der Stadt Schifferstadt. Er informierte anhand von überlieferten Dokumenten und Zeugenaussagen über Auswirkungen dieser sehr unruhigen und umtriebigen Zeit.

Nachdem sich die revolutionären Kräfte 1789 mit dem Sturm der Bastille und anderen Eingriffen durchgesetzt hatten, galt es, das republikanische Ideengut auch nach Deutschland zu bringen. Kriegerische Auseinandersetzungen mit Preußen und Österreich waren die Folge. Gerade die Pfalz war ein sehr umkämpftes Gebiet, das bis zu sechsmal zwischen den Kriegsparteien hin- und hergerissen wurde.

Die erste Welle von Unruhen im damaligen Hochstift Speyer erreichte die Pfalz bereits 1789, als die Pariser Vollversammlung den Übergriff auf die linksrheinischen Gebiete anordnete. Die deutschen Landesherren hofften durch den Aufbau einer Armee, die revolutionären Ansinnen im Keim ersticken zu können. Dieser Plan scheiterte jedoch. 1792 begannen die Koalitionskriege. Theo Magin informierte, dass Schifferstadt über Jahre hinweg Kriegsschauplatz gewesen war, da die Nachbarstadt Speyer als Bischofssitz eine wichtige Stadt und daher sehr begehrt war. Der Referent zitierte u.a. Johann Georg Stoeckinger, den damaligen Pfarrer von St. Jakobus, der in späteren Kriegsjahren von schweren feindlichen Verwüstungen in der Pfarrkirche berichten musste. In Mitleidenschaft gerieten alle Fenster, die Bänke und die Orgel.

Interessant war auch die Tatsache, dass die Franzosen eine andere Zeitrechnung einführten. Statt dem gregorianischen Kalender galt nun ein republikanischer Kalender, der besondere Monate wie den "Nebelmonat" (Oktober/November) und den "Schneemonat" (Dezember/Januar) aufwies. Ein Monat bestand nun aus drei Dekaden à jeweils zehn Tagen. Auch ein Tag bestand nun aus zehn Stunden, die jeweils 100 Minuten und jeweils 100 Sekunden dauerten. Diese Zeitrechnung hielt sich aber nicht lange. Die Besatzer wollten den Deutschen die revolutionären Ideen näher bringen, was ihnen jedoch gerade in Schifferstadt nicht so recht gelang. Die Bürger sollten Eide auf die neue Verfassung ablegen und in Form von feierlichen Aufstellzeremonien so genannter Freiheitsbäume die republikanischen Errungenschaften feiern. In Schifferstadt mussten aber letztendlich Soldaten den Baum aufstellen, weil sich die Bürger standhaft geweigert hatten.

Französisch war zu dieser Zeit die Rechts- und Verwaltungssprache. Erst einige Zeit später wurden behördliche Dokumente zur besseren Verständlichkeit auf französisch und deutsch veröffentlicht. In der damaligen Zeit entstand ein Departement Donnersberg, das in verschiedene Kantone aufgeteilt wurde. Schifferstadt gehörte zum Kanton Speyer. Dieser Kanton erhielt sich im Prinzip bis zur Gebietsreform 1969. Der damalige "Code Napoleon" war die Keimzelle des heutigen BGB und auch die Trennung von Kirche und Staat ist eine Idee aus dieser Zeit auf. Theo Magin machte deutlich, dass viele heutige Errungenschaften im demokratisch-rechtsstaatlichen Bereich ihre Keimzelle in der damaligen Zeit hatten. Seinen Vortrag unterlegte er mit interessanten Folien. Für die erfolgreichen Recherchen im Stadtarchiv dankte er Gerhard Sellinger und Johann Benedom. Großer Applaus beendete die sehr informative und kurzweilige Veranstaltung.