Stimmt der Helden-Mythos?

Schifferstadt: Historiker bezweifelt bevorstehende Bombardierung 1945

Ob die Bomben für Schifferstadt bereit gelegen haben und die Stadt knapp einem Luftangriff entgangen ist, scheint nach dem Gesprächsabend des Vereins für  Heimatpflege im Alten Rathaus nicht mehr sicher. Plenum und Zuhörer sind sich jedoch einig gewesen, dass dies Mut und Opferbereitschaft der vier Helden von Schifferstadt nicht schmälere.
Anlass des Abends war der Jahrestag der Rettung Schifferstadts vor der Zerstörung - so zumindest will es die bisherige mündliche Überlieferung. In der Nacht vom 22. auf den 23. März 1945 gingen Josef Isselhard, Otto Kurz, Martin Schweißguth und Emil Bertram mit einer weißen Fahne nach Dannstadt, das bereits von den Amerikanern eingenommen war. Dem kommandierenden Offizier erklärten sie, die Stadt sei frei von deutschen Soldaten und leiste keinen Widerstand. Angeblich habe der Offizier dann gesagt, die Bomben für Schifferstadt hätten schon bereit gelegen.
Auf dem Podium im Alten Rathaus saßen die Zeitzeugen Wolfgang Panzer, Anneliese Schwertner, Werner Isselhard, Herbert Kuhn, Theo Magin und Albin Kerth. Wie Kuhn berichtete, war die Stimmung in Schifferstadt sehr angespannt. Die Bevölkerung wusste, dass die Amerikaner bei der Einnahme Dannstadts Verluste erlitten hatten. Zudem waren deutsche schwere Panzer gerade erst abgezogen. Die schwere Bombardierung Dürkheims wenige Tage zuvor war bekannt. Die Schifferstadter fürchteten ein ähnliches Schicksal.
Dass ein Dorf nur knapp einem Bombardement entgangen ist, wird häufig erzählt. Nicht immer muss das den Tatsachen entsprechen. Der Historiker Jürgen Keddigkeit vom Institut für pfälzische Geschichte und Volkskunde ist bezüglich eines verhinderten Bombardements Schifferstadts skeptisch. In seinem Referat über die letzten Kriegstage in der Pfalz erklärte der Wissenschaftler, warum Orte wie Annweiler, Lamprecht und Dürkheim bombardiert wurden: Es sei den Alliierten darum gegangen, die zurückweichenden deutschen Truppen am Erreichen des Rheins zu hindern. Schifferstadt hingegen hatte keine besondere strategische Bedeutung. Es sei ferner fraglich, ob der Befehlshaber einer vergleichsweise kleinen US-Einheit ein Bombardement hätte anfordern können. Die Stadt wäre für die Amerikaner zudem leicht zu umgehen gewesen.
„War die Situation also nicht gefährlich?”, fragte Werner Krämer, Vorsitzender des Vereins für  Heimatpflege. Auch wenn es keinen Großangriff gegeben hätte, gab es doch Artilleriegefechte und tagsüber Tiefflieger, die geschossen haben, sagte Keddigkeit. Der Referent betonte, dass selbst ohne unmittelbar drohende Bombardierung der Mut der vier Schifferstadter außer Frage stehe. Die Frage, was die Männer zusammenbrachte, konnten mehrere Zuhörer beantworten: Isselhard, Kurz und Schweißguth spielten zusammen Fußball beim FSV 13/23. Bertram holten sie wegen seiner Sprachkenntnisse dazu. Anneliese Schwertner berichtete, als Initiator der Aktion hätten sie Pfarrer Peter Maria Weihmann genannt. Er habe auch die weiße Fahne auf dem Kirchturm veranlasst.


Der Verein für  Heimatpflege möchte eine Gedenktafel für die vier Helden von Schifferstadt errichten. Zu Inhalt, Gestalt und Standort bittet der Verein die Bürger um Vorschläge.

Von Gereon Hoffmann